Hickhack um Verkauf des Industriegrundstückes in Delitzsch-Südwest, wo eine thermische Abfallverwertung geplant ist

Kann Delitzsch die Müllverbrennung noch boykottieren?

Delitzsch. Kann der Bau der 80.000-Tonnen-Müllerverbreimungsanlage in Delitzsch-Südwest doch noch gestoppt werden?
Bislang wähnt sich der Landkreis, der mit seiner Kreiswerke Delitzsch GmbH die Anlage errichten will, auf der sicheren Seite. Denn seit November letzten Jahres gibt es ein Mandat des Kreistages für den Bau. Und auch die Vertragsentwürfe zum Grundstückserwerb mit dem kommunalen Zweckverband Delitzsch-Südwest, der das Industriegebiet für die Stadt Delitzsch und die Gemeinde Neukyhna vermarktet, sind "notarreif", sagte Kreiswerke-Geschäftsführer Manfred Buder gegenüber LVZ (wir berichteten gestern). Doch offensichtlich weht dem Projekt auch ein starker Wind aus der Stadt entgegen. Wie erst gestern bekannt wurde, hatte der Delitzscher Sadtrat bereits im Januar in geheimer Sitzung über den Grundstücksverkauf debattiert. Der Vorschlag der Verwaltung, den in der Zweckverbandsversammlung vertretenen Stadträten eine Weisung zu erteilen, wonach sie dem Verkauf an die Kreiswerke zustimmen sollen, sei darin von SPD, PDS und Freien Wählern abgewiesen worden. "Mit 16 zu 14 Stimmen", erklärte der SPD-Fraktionsführer im Stadtrat, Richard Schuhmann. Das Rathaus bestätigte indessen dieses Votum des Parlamentes und dass für den 14. Februar eine außerordentliche nichtöffentliche Stadtratssitzung zur Wiederholung des Weisungsbeschlusses einberufen worden ist. "Die Sitzung wurde von Mitgliedern des Stadtrates beantragt", sagte Oberbürgermeister Heinz Bieniek (CDU), ohne konkreter zu werden.
Was ein Weisungsbeschluss an die Delitzscher Vertreter im Zweckverband Delitzsch-Südwest allerdings bewirken soll, ist völlig fraglich. Auch die Stadtverwaltung hielt sich dazu gestern mit einem Kommentar zurück. Denn bereits auf einer Sitzung im vergangenen Dezember hatte die Verbandsversammlung nach LVZ-Informationen über die Kaufoption zugunsten der Kreiswerke entschieden. Es geht um rund 35.000 Quadratmeter gegenüber einer Sortieranlage der Kreiswerke, für deren Erwerb das Unternehmen in diesem Jahr eine Million Euro eingeplant hat. Während die vier Neukyhnaer Verbandsräte für die Veräußerung votierten, hätte einer der sechs Delitzscher Verbandsräte dagegen gestimmt. "Es darf aber kein Stimmensplitting geben", erläuterte Schuhmann das komplizierte Abstimmungsverfahren im Zweckverband. Sobald innerhalb einer der beiden Verbandsfraktionen unterschiedlich votiert wird, unterliege sie automatisch der anderen Seite, in dem Fall hätte also Neukyhna den Ausschlag für den Verkauf des Grundstücks für die Müllverbrennungsanlage gegeben.
Schuhmann "stinkt die ganze Sache" inzwischen. Seine Genossen machen seit Monaten gegen die Verbrennungsanlage mobil. Während sie jetzt gegen das Abstimmungsergebnis in der Verbandsversammlung anzugehen versuchen, will es die Stadtverwaltung offenbar mit einem nachträglichen Weisungsbeschluss auf ein sichereres Fundeament stellen.

Klaus Steubert

LVZ, 09.02.2002