Es droht der Mülltourismus

Von JÖRG TER VEHN
Keine Frage: Der Standort am Kraftwerk Lippendorf ist für eine Müllverbrennungsanlage wie geschaffen. Eon kann Straßen und Abwasser nutzen, die entstehende Hitze in Strom umwandeln und ins Netz einspeisen. Die Autobahn 38 kommt bald, die A 72 auch - günstiger geht's nicht, mag sich der Energie-Riese denken.
Nur: Die Anlage wird nicht gebraucht. Abfälle aus halb Europa müssten herangekarrt werden für ihren Betrieb - für die Anwohner ein Graus. Die Region Leipzig könnte selbst im für Eon günstigsten Fall höchstens die Hälfte der gewünschten Kapazität aus ihrer Mechanisch-Biologischen Abfallbearbeitung in Cröbern abzwacken. Woher der Rest kommt, ist ungewiss. Es muss bezweifelt werden, dass er überhaupt kommt. Da derartige Rechnungen sicher auch in Konzernspitzen angestellt werden, muss gerade angesichts des übereilten Herangehens von Eon mehr hinter den Plänen stecken.
60 neue Arbeitsplätze sind zwar gut, können aber den zu erwartenden Mülltourismus im Südraum und den langfristigen Imageschaden nicht aufwiegen.

LVZ, 05.02.2002