Wir haben uns zum Abdruck dieses Vermerks entschlossen, damit die Bürger des LK Delitzsch sich selbst einen Eindruck über die Faktenlage verschaffen können. Sämtliche Tatsachenbehauptungen werden direkt oder indirekt (durch Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaften Köln, Bochum und/oder Bonn) durch Dokumente belegt. Darüber hinaus liegt dem Unterzeichner die Ausage des Herrn Dr. Haupt von der Staatsanwaltschaft Köln vom 12.11.2002 vor, die er in Gegenwart seines Verteidigers, dem Rechtsanwalt Rohrig, gemacht hat. Einige der hier aufgeführten Fakten werden durch Herrn Dr. Haupt selbst bestätigt.

Da nach unserem Kenntnisstand die Beraterverträge noch wirksam sind, droht durch die Zahlung der Honorare weiterer Schaden, der abgewendet werden muß, damit die Müllgebühren nicht noch weiter steigen.

Lothar Hermes

Rechtsanwalt


Anlage zur Strafanzeige vom 8.11.2003

gegen

  1. Michael Czupalla, Landrat Delitzsch, Aufsichtsratsvorsitzender bei der ENEBA GmbH
  2. Dr. Manfred Buder, Geschäftsführer der KWD GmbH und der ENEBA GmbH
  3. Rainer Fuchs, Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesbank, Aufsichtsratsmitglied in der ENEBA

(aktualisiert am 18.11.2003)

  1. Zur IKW
  2. Das Beratungsinstitut für Kommunalwirtschaft wurde 1990 in Bonn gegründet. Gründungsgesellschafter waren neben der Trienekens AG und Herrn Dr. Haupt die Westdeutsche Landesbank, das BPI Büro für Planung und Ingenieurtechnik GmbH, Grenzach-Wyhlen, GF Herr Rauer, sowie die Niederländische Entsorgungsfirma Grontmij N.V..
    Ziel dieser Gründung war es, die IKW als (scheinbar) unabhängiges Beratungsinstitut im Bereich Abfallentsorgung den öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern anzubieten. Während in den ersten Jahren durchaus Wert darauf gelegt wurde, das die Mitgesellschafter dieses Unternehmens Trienekens AG und Grontmij nach außen in Erscheinung traten, wurden später diese Namen bewußt eliminiert, weil insbesondere die Trienekens AG mit RWE in Verbindung gebracht wurde und potentielle kommunale Aufgabenträger sich offenbar nicht an ein derartig großes Unternehmen binden wollten.

    Durch den GF der Abfallverwertungsgesellschaft (AVG) Köln GmbH, Herrn Eisermann, wurde Herr Dr. Haupt Anfang der 90-iger Jahre in den NBL eingeführt, er diente quasi als Türöffner, so die Aussage von Dr. Haupt selbst. IKW beschränkte sich zunächst darauf, durch Unternehmensleistungen der Fa. Trienekens AG und Grontmij ins Geschäft zu bringen. Später erkannte Herr Dr. Haupt, dass er viel mehr Geld dann verdienen würde, wenn er selbst Gesellschafter bei gemischt öffentlich-privat-rechtlichen Unternehmen würde. Die IKW übernahm daher u.a. Geschäftsanteile an den Kreiswerken Delitzsch, an den Entsorgungswerken Ost-Vorpommern (Landkreis Ost-Vorpommern), an der Entsorgungsgesellschaft Landkreis Weimarer Land (EGW, 50 %), an der Entsorgungsgesellschaft des Landkreises Zwickauer Land mbH (EGZ, 50 %).

    Im Fall der Kreiswerke Delitzsch brachte die IKW lediglich ihre Stammeinlage von insgesamt 45.000 DM ein, spätere Erhöhungen des Stammkapitals wurden aus den erzielten Gewinnen bezahlt. Der Landkreis Delitzsch als Mehrheitsgesellschafter brachte hingegen seine Grundstücke ein. Diese wurden zur Aufnahme von Krediten, mit denen die Anlagen und technisches Gerät finanziert wurden, mit Hypotheken belastet (Schuldenstand der KWD bei den Banken Ende 2000: 33 Mio. DM, Ende 2001 29 Mio. DM). Darüber hinaus erhielt die IKW hoch dotierte Beraterverträge, so von den KWD und der Muttergesellschaft ENEBA.

    Während die Kreiswerke ihre Vermögenswerte unentgeltlich einbrachten, wurde die Beratungstätigkeit der IKW gesondert vergütet, zuletzt (seit 1999) in einer Größenordnung von etwa 335.000 EUR jährlich.

    Dies dürfte zu einer enormen Vermögensverschiebung zu Lasten der öffentlichen Hand und zugunsten der privaten IKW und zwar über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren bis heute geführt haben.
    Alleingesellschafter der IKW sind mittlerweile Herr Dr. Haupt sowie Herr Manfred Rauer. Letzterer hält jedoch die Anteile nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaften Köln und Bonn ausschließlich für Herrn Hellmut Trienekens persönlich. Hierfür erhält Herr Rauer offenbar ein jährliches Honorar von 200.000 DM netto.

    Beweis:

    1. Vermerk des PP Köln, EG Niehl, vom 12.11.2002 (Anlage D 1)
    2. Kontoverdichtung der StA Bochum bzgl. Konto IKW 21600 bei der SächsLB ( D 2)

  3. Zweck der Verbindung des privaten Entsorgungsunternehmers mit dem öffentlichen-rechtlichen Aufgabenträger
  4. dürfte bei nüchterner Betrachtungsweise folgender sein:
    Nach dem Abfallgesetz hat allein ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger (Kommune oder Landkreis) das Recht, die Bürger seines Gebietes zur Abgabe ihres Hausmülls per Satzung zu verpflichten. Gleichzeitig sind diese Körperschaften in der Lage, Deponiegelände einzurichten.
    Nach bislang unbestätigten Angaben haben die KWD auf den beiden von ihnen betriebenen Deponieen Spröda und Lissa in den 90er Jahren nicht nur Hausmüll deponiert, sondern in wesentlich größerem Umfang gewerblichen Abfall aus ganz Sachsen und später auch sonstige Reststoffe aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Trienekens Entsorgungs AG hat bekanntermaßen Abfall sogar aus Italien nach Deutschland verfrachtet.
    Zu beachten ist hierbei, dass die Landkreise nach dem Gemeindewirtschaftsrecht tätig werden dürfen nur im Rahmen ihres örtlichen Wirkungskreises, § 63 LkrO i.V.m. § 97 SächsGemO. Konkret heißt dies, dass ihnen an sich nur die Entsorgung des in ihrem Territorium anfallenden Abfalls (Hausmüll und gewerblicher Abfall) zusteht.

    Wie weit die KWD über diesen Auftrag hinaus gegangen sind, wird aus ihrer Geschäftsbilanz für das Jahr 2001 deutlich: Von den insgesamt 50,46 Mio. DM Umsatz entfallen lediglich 2,98 Mio. DM auf das Geschäftsfeld Hausmüllentsorgung (ca. 6 %). Der Schwerpunkt liegt in dem Geschäft Sortieranlagen und Deponien mit 19,4 bzw. 9,4 Mio. DM. Selbst im Bereich Containerdienst (3,7 Mio.DM) wie auch Straßen- und Kabeltiefbau (4,2 Mio. DM) übertreffen die Umsätze den Geschäftsbereich Hausmüllentsorgung.

    Beweis:

    1. Jahresbilanz der KWD, erstellt durch die Fa. Optima, S. (Anlage D 3)

    In letzt genannten Aufgabenbereichen darf ein Landkreis grundsätzlich nicht unternehmerisch tätig werden, da gem. § 97 Abs. 1 Nr. 3 SächsGemO, der gem. § 63 SächsLKrO auch für Landkreise gilt, auf die wirtschaftliche Beteiligung zu verzichten ist, wenn ein Dritter diese Aufgabe besser oder wirtschaftlicher erfüllen kann als die öffentlich rechtliche Körperschaft.

    Es zu berücksichtigen, dass der Landkreis seine Gewinne aus dem klassischen Deponiegeschäft dazu verwenden kann, um im Bereich Straßen- und Kabeltiefbau günstiger anbieten zu können, als private Dritte. Geht man einfach einmal von dem Wert der Sachanlagen aus, so beläuft sich das Anlagevermögen der KWD vom 31.12.2001 auf knapp 52 Mio. DM. Bei den Zurechnungen sämtlicher weiterer Forderungen und sonstiger Vermögensgegenstände ergibt sich ein Unternehmenswert von 59,7 Mio. DM. Demgegenüber stehen Verbindlichkeiten in Höhe von 29,2 Mio. DM gegenüber Kreditinstituten.

    Beweis:

    1. Jahresbilanz der KWD, erstellt durch die Fa. Optima

    Nach Abzug der Verbindlichkeiten gegenüber Banken ergibt sich immer hin ein reiner Anlagenwert in Höhe von etwa 30 Mio. DM. Dieser steht zu 45 % heute IKW zu.

  5. Strukturen zur Absicherung gegenüber Aufdeckungsversuchen von Außen
  6. Sowohl der Landkreis als auch IKW haben zumindest objektiv alles getan, um ihre Geschäfte abzusichern, zu verschleiern und eine Aufdeckung bzw. eine Störung durch Rechtsaufsichtsbehörden zu verhindern. Dies geschah durch folgende organisatorische Maßnahmen:

    1. Über der KWD wurde die ENEBA (Entsorgungs-, Entwicklungs- und Baugesellschaft) als Konzernmutter installiert. Da nur bei der ENEBA ein Aufsichtsrat existiert, kann dieser nicht in das Tagesgeschäft der KWD hinein regieren und auch nur hinein schauen.
      § 15 Abs. 3 Ziff. 3 GV gestattet nämlich ein unmittelbares Mitwirkungsrecht bei den KWD nur im Fall der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung der KWD.

      Beweis:

      1. Gesellschaftsvertrag der ENEBA (Anlage D 4)

      Investitionsentscheidungen waren z.B. nach einer Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Gesellschafterbeschluß vom 18.02.1994 nur noch ab einer Höhe von 200.000,- DM durch den Aufsichtsrat zu billigen, § 15 Abs.2 Ziff. 11 GV.

    2. Das Steuerberatungsbüro der KWD, die Fa. Optima sitzt nicht etwa in Delitzsch oder Leipzig, sondern in Mönchengladbach, es ist identisch mit demjenigen der Fa. IKW. Mönchengladbach liegt nur 15 km von Viersen entfernt, den Sitz der Trienekens AG. Das zufällige Ausplaudern von Firmeninterna durch aktive oder entlassene Büroangestellte des Steuerberatungsbüros gegenüber Dritten (in Kneipen Vereinen etc.) wird somit verhindert. Optima wurde im Zuge der Ermittlungen gegen IKW im Herbst 2002 von der StA Köln durchsucht.

    3. Wichtige Entscheidungen der KWD wurden auf außerordentlichen Gesellschafterversammlungen in Berlin getroffen, unter Verzicht auf Form und Ladungsfrist. Hierbei ließ sich der ‚Landrat, Herr Czupalla regelmäßig von Herrn Dr. Haupt vertreten, und zwar in der Weise, das dessen Stimmabgaben für den Landkreis als Vertreter ohne Vertretungsmacht erfolgten und erst im Nachhinein durch den Landrat genehmigt wurden.

      Beweis:

      1. Not. Urkunde über Durchführung der Ges.Versammlung vom 18.02.1994 und 11.12.1998 (Anlage D 5 und 6)

      Darin dürfte ein Verstoß gegen § 63 SächsLKrO i.V.m. § 97 SächsGemO liegen, wonach der Landkreis in der Gesellschafterversammlung eines Unternehmens in Privatrechtsform nur durch Landrat selbst oder durch einen Bediensteten des Landkreises vertreten werden darf. In jedem Fall wurde hierdurch verhindert, dass der Kreistag rechtzeitig, dass heißt vor der Gesellschafterversammlung, Kenntnis von dem Beschlußgegenstand erhielt (z.B. Erweiterung des Satzungszwecks, Aufgabenerweiterung).

    4. Die wichtigsten Aufsichtsratsmitglieder, die bereits länger als fünf Jahren in dieser Funktion amtieren, haben u.U. wirtschaftliche Vorteile durch die KWD, die ENEBA und/oder durch die IKW erhalten. Dies z.B. durch die Einstellung von Familienangehörigen, die Unterstützung bei Bauleistungen an Wohnhäusern. Hinweise herauf gibt es sehr viele, sie werden noch näher zu prüfen sein.

    5. Von zentraler Bedeutung sind die Kontoverbindungen der Fa. IKW. Das wichtigste Konto der Fa. IKW wird bei der Sächsischen Landesbank geführt. Das Konto 26100 wird auf der einen Seite durch regelmäßige Zahlungen der Fa. Trienekens AG und der Fa. BBP Environment GmbH (offenbar bis 2002 eine 75%-ige Tochter des Anlagenbauers Babcock Borsig AG aus Oberhausen) aufgefüllt. Wichtigste Ausgabenposten auf der anderen Seite sind u.a. Zahlungen an Herrn Manfred Rauer (s.o.), Concordia Delitzsch, sowie u.a. an einen Herrn Jungklaus, bei dem es sich um einen ehemaligen Dezernenten des Landkreises Weimarer Land handelt.

      Darüber hinaus verfügt Dr. Haupt (als Rechtsanwalt und u.U. als Privatperson) über weitere drei Konten bei der Sächsischen Landesbank.

      Beweis:

      1. Briefkopf des RA Dr. Haupt in Schreiben vom 30.11.1999 (Anlage D 7)
      2. Schreiben der SächsLB an die StA Bochum vom 02.07.2003 (Anlage D 8)

      Ein weiteres Konto ist eingetragen unter dem Begriff „Haupt/Mühlig GbR“. Über letzteres Konto ist Herr Dr. Klaus-Jürgen Haupt allein verfügungsbefugt. Frau Mühlig ist die langjährige Lebensgefährtin des Landrates Czupalla.

      Mitglied im Vorstand der Sächsischen Landesbank ist Rainer Fuchs (siehe Briefkopf der SLB). Dieser sitzt zugleich im Aufsichtsrat der ENEBA, und zwar für die IKW.

      Beweis:

      1. Protokoll der AR Sitzung vom 22.05.2003 (Anlage D 9)

      Die Sächsische Landesbank hat sich im Juni 2003 zunächst geweigert, im Rahmen des durch die Staatsanwaltschaft Bochum geführten Ermittlungsverfahrens an diese Auskunft zu erteilen. Erst nachdem ein Durchsuchungsbeschluss unterzeichnet war, kam es im Juni 2003 zur Übersendung der umfangreichen Kontounterlagen.
      Die Sächsische Landesbank richtet normalerweise für Privatpersonen keine Konten ein, sondern lediglich für große Bauträger. Es verwundert daher sehr, dass Dr. Klaus-Jürgen Haupt sowohl als Privatperson, als Rechtsanwalt, aber auch für die IKW dort Konten einrichten konnte. Es stellt sich die Frage, ob man durch die Kontoeinrichtung bei der Sächsischen Landesbank eine zusätzliche Schutzvorkehrung gegenüber Auskunftsersuchen seitens von Ermittlungsbehörden einrichten wollte (fire wall). Immerhin handelt es sich um eine dem Freistaat Sachsen gehörende Bank, deren Aufsichtsratsvorsitzender, derzeit Herr Dr. Horst Metz, Sächsischer Staatsminister für Finanzen ist. Welcher Staatsanwalt in Sachsen wird es wohl wagen, gegen die Bank, die dem Land gehört und dessen oberster Kontrolleur der Staatsminister der Finanzen ist, einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken oder auch nur ein Auskunftsersuchen zu stellen?

  7. Beratungsverträge der IKW mit der KWD und der ENEBA
  8. Nachdem 1998 die Namen Trienekens und Grontmij NL offiziell aus der IKW Gesellschafterliste entfernt worden waren, kam es zum Abschluss von Dauerberatungsverträgen der IKW mit mehreren gemischt privat-öffentlich-rechtlichen Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, an denen die IKW zum Teil selbst beteiligt war.

    Die höchsten Beratungshonorare wurden offenbar gezahlt für die Verträge der IKW mit den KWD und der ENEBA:
    Am 22.10.1998 wurden offenbar zwei gleichlautende Beraterverträge zwischen IKW und der ENEBA bzw. der IKW und den KWD abgeschlossen, in denen jeweils die IKW für Beratungsleistungen 330.000 DM netto jährlich erhalten sollte.

    Nach § 4 dieser Verträge sollte IKW ihre Beratungsleistung unabhängig von den Interessen Dritter erbringen.

    Dabei war klar, dass die IKW die Interessen von Trienekens und der RWE vertrat, so die Aussage des Haupt-Anwaltes Rohrig (so zitiert in Hans Leyendecker, "Die Korruptionsfalle" S. 254)

    Diese Summe ist in ihrer Höhe kaum nachvollziehbar; man fragt sich, welche Beratungsleistungen hier ständig anfallen. Dies gilt insbesondere für die ENEBA, die ja kein operatives Geschäft unterhält. Der Schaden für den öffentlichen Auftraggeber, den Landkreis, allein aus diesen beiden Beratungsverträgen wird nach der Einschätzung der Ermittlungsbehörden auf knapp 2,0 Mio. DM geschätzt.

    Hinzu kommt, dass die IKW auch von anderen Aufgabenträgern, an denen sie ebenfalls beteiligt war, ähnlich hohe Beratungsvergütungen kassiert hat, wobei die vertragliche Grundlage und das Ergebnis dessen, was erbracht wurde, völlig offen ist.

  9. Die Landschaftspflege der IKW über das Konto 26100 bei der Sächsischen Landesbank
  10. Das Konto 26 100 der IKW bei der Sächsischen Landesbank wurde gefüllt durch Einzahlungen der Fa. Trienekens AG und der Fa. BBP Environment GmbH. Letztere war bis im Oktober 2002 eine Tochter der Babcock Borsig AG in Oberhausen. Dieses Unternehmen gilt quasi als eine Art Staatskonzern in NRW, der u.a. von der Westdeutschen Landesbank kontrolliert wurde. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Babcock Borsig AG wurde das Unternehmen zwischenzeitlich an einen großen italienischen Baukonzern verkauft. Da es zumindest in einem Fall identisch hohe Überweisungen einerseits durch Trienekens und andererseits durch BBP Environment gab (ein völlig ungerader Betrag), besteht der Verdacht eines abgestimmten Verhaltens der beiden Unternehmen. Während die Fa. Trienekens AG nur Müllheizkraftwerke und die Abfallentsorgung betreibt, handelt es sich bei Babcock Borsig um einen Anlagenbauer, der u.a. Müllverbrennungsanlagen und andere Einrichtungen zur Abfallbeseitigung herstellt.

    Ausgabenposten sind u.a.:

    1. Zahlungen an Concordia Delitzsch (2000: 58.000,- DM; 2001: 78.000,- DM),
    2. Zahlungen an einen ehemaligen Dezernenten LK Weimarer Land

  11. Geschenkeliste der IKW
  12. Die IKW hat nach derzeitigen Ermittlungsstand zumindest in den Jahren 1998 bis 2001 regelmäßig Geschenke an Mandatsträger im öffentlichen Bereich verschickt. Es handelte sich in den vergangenen Jahren hier meist um Buchgeschenke im Wert von etwa 40,00 bis 60,00 DM. Bedacht wurden dabei nahezu ausschließlich um Personen, die tatsächlich eine Funktion im Bereich der Abfallwirtschaft inne hatte und daher für das weitere Geschäftsgebaren von IKW von Bedeutung waren. Personen, die noch nicht im Amt waren oder die bereits ausgeschieden waren, erhielten keine Geschenke mehr. Dem gemäß kann beispielsweise nicht davon ausgegangen werden, dass diese Geschenke vorwiegend oder gar ausschließlich freundschaftlichen Charakter hatten.

    Auf der Liste finden sich zunächst die Namen der Hauptangeklagten in den Korruptionsfällen Bonn und Köln. Hierzu sind zu nennen:

    1. Herr Ulrich Eisermann GF AVG Köln und Herr Dr. Michelfelder, GF Fa Steinmüller, beide Angeklagte im Kölner Müllskandal,
    2. Herr Dr. Meys Hauptangeklagter vor dem Landgericht Bonn im Müllskandal des Rhein-Sieg-Kreises,
    Aus dem Märkischen Kreis, gegen dessen Amtsträger die Staatsanwaltschaft Bochum ebenfalls wegen des Verdachts der Vorteilsnahme bzw. Untreue ermittelt, sind folgende Namen zu nennen:
    1. Landrat Aloys Steppuhn sowie Finanzdezernent Roland Schüwer

    Neben den bekannten Größen aus den nordrhein-westfälischen Verfahren haben insbesondere Funktionsträger aus Sachsen Geschenke erhalten. Dazu gehören u.a.:

    1. Herr Karl Noltze, derzeit Regierungspräsident Chemnitz, früher stellv. Regierungspräsident Leipzig. Dieser soll nach Angaben von Herrn Czupalla und auch Herrn Dr. Haupt den Kontakt zu der Schweizer Fa. Ecoling AG hergestellt haben, die laut Kölner Staatsanwaltschaft Schmiergeldzahlungen der Fa. Steinmüller AG, Gummersbach an die AVG Köln abgewickelt hat
    2. Herr Rainer Fuchs, Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesbank, AR-Mitglied für die IKW bei der ENEBA
    3. Frau Rita Henke, CDU, MDL Sachsen, Mitglied im Aufsichtsrat der ENEBA
    4. Herr Hildebrandt, Mitglied im Aufsichtsrat der ENEBA
    5. Herr Bieneck, Bürgermeister Delitzsch
    6. Frau Herzog, LRA Zwickau, Dezernentin

    Beweis:

    1. Geschenkliste der IKW für 1998 und 2000 (Anlage D 11, 12)

    Bei den restlichen Namen handelt es sich um Politiker und Geschäftsführer von Entsorgungsgesellschaften aus den Landkreisen Weimarer Land, Ost-Vorpommern, Zwickauer Land sowie aus der Chefetage des Zweckverbandes Abfall Westsachsen (ZAW).

    Ob die genannten Personen sämtlich Geschenke angenommen haben, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Jedoch spricht die Tatsache, dass einer Person über zwei oder mehrere Jahre hinweg ein Weihnachtsgeschenk übersandt wurde, sehr für die Annahme, dass die Geschenke nicht zurückgewiesen wurden, etwa mit der Bemerkung, dass ihre Entgegennahme aus dienstrechtlichen Gründen nicht zulässig sei.

  13. Die Unwahrheiten des Herrn Czupalla
    1. Annahme von Geschenken
    2. Herr Czupalla hat zunächst auf Befragen der Presse lediglich zugegeben, dass ihm 150 Plakate durch die IKW als Sachspende zugeflossen sind. Nachdem eine Hotelrechnung aus Iserlohn gekannt wurde, musste er diesen Sachverhalt einräumen. Später hat er auf Nachfragen der Journalisten eingeräumt, dass auch der Flyer (Auflage wohl mindestens 20.000) von der IKW bezahlt worden ist. Es dürfte sich allein hierbei um eine Sachspende in Höhe von 10.000 DM gehandelt haben.

    3. Verwicklung seiner Lebensgefährtin
    4. Herr Czupalla hat offenbar zu keinem Zeitpunkt den Kreistag, die Rechtsaufsichtsbehörden oder sonstige dritte Personen darüber aufgeklärt, dass seine Lebensgefährtin mit Herrn Haupt bzw. dessen Ehefrau eine gemeinsame GbR führt und ein gemeinsames Konto hat. Kontoverfügungsberechtigt ist (u.a.) Herr Dr. Haupt allein.

      Frage: Welche Gelder sind über dieses Konto geflossen? Sind es nur Mieteinnahmen oder sind es auch andere Geldmengen?

      Eine vollständige Offenlegung der Kontobewegungen muss erfolgen, um den Verdacht einer Bestechlichkeit aufzuklären oder auch zu entkräften.
      Es spielt in dem Zusammenhang keine Rolle, ob Herr Czupalla und Frau Mühlig verheiratet sind oder nicht. Es handelt sich bei ihr um eine ihm sehr nahe stehende Person. Die GbR kann daher nicht zur reinen Privatsache erklärt werden, da Landrat Czupalla Amtsträger ist und mit Herrn Dr. Haupt und dessen IKW eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt. Deswegen muss Aufklärung erfolgen.

    5. Verträge mit der Ecoling AG
    6. Herr Czupalla hat gegenüber dem Kreistag am 16.09.2003 ausgeführt, dass es keine Beauftragung seitens der KWD an die Ecoling AG gegeben hat.

      Die Frage lautete:
      Welche Art von Ausschreibung wurde für die Vorplanung Thermische Restabfallbehandlungsanlage 50.000 t/a bzw. 100.000 t/a gewählt.

      Antwort: Der Landkreis und auch die Kreiswerke haben eine solche Vorplanung nicht beauftragt:

      Ecoling sei lediglich von dem ZAW beauftragt worden eine Kostenschätzung/Vorplanung thermische Restabfallbehandlungsanlage zu erstellen.

      Diese Aussage ist unwahr, zumindest unvollständig:
      Zwar gab es den Auftrag der ZAW an die Ecoling AG für die Erstellung einer Kostenschätzung für die thermische Restabfallbehandlung Delitzsch. Hierzu fertigte die Ecoling AG ein Gutachten an, datiert von November 1998. Jedoch haben auch die Kreiswerke Delitzsch zum selben Thema die Ecoling AG mit der Erstellung einer Kostenschätzung beauftragt. Das Gutachten hierzu datiert von Mai 1999.
      Die Gutachten sind textlich weitgehend identisch, mit dem Unterschied, dass einige Zahlen verändert worden sind. Es stellt also quasi keine neue Arbeitsleistung dar.

      Beweis:

      1. Gutachten von Nov. 1998 und Mai 1999 (Auszüge), (Anlagen D 13, 14)

    7. Dauerberatungsverträge zwischen IKW und KWD/ENEBA
    8. Landrat Czupalla hat in einem Schreiben an den Unterzeichner ausgeführt, dass es (lediglich) einen Vertrag mit der IKW gegeben hat, bei der diese zusätzliche Beratungsleistung erbracht und diese ihr vergütet worden sind. Bereits in dem Bericht an den Kreistag vom 16.09.2003 sprach Herr Czupalla von "mehreren" Verträgen, bei denen es jeweils eine angemessene Vergütung gegeben habe.
      Unerwähnt blieb jedoch, dass es zunächst Dauerberatungsverträge gibt und zwar einen zwischen der IKW und der KWD und einen anderen zwischen der IKW und ENEBA. Beide sind mit jeweils 330.000 DM jährlich dotiert. Darüber hinaus gibt es gesonderte Verträge, mit denen bestimmte Einzelberatungsleistungen abgegolten worden sind. Insbesondere der Beratervertrag mit ENEBA ist völlig unverständlich, da die ENEBA kein aktives Geschäft macht. Es ist zu fragen, weshalb und wofür insgesamt 60.000 DM monatlich an Beratungsleistungen nur für die KWD bzw. ENEBA notwendig werden sollen?

      Czupalla antwortete auf diese Frage vor dem Kreistag u.a.:
      Definition von Anforderungsprofile, Plausibilitätsprüfungen, Projektentwicklung Öffentlichkeitsarbeit, Unternehmensbetreuung im kaufmännischen Bereich.

  14. Tätigkeit der Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden
  15. Wie bereits oben unter Ziffer 4) existieren offenbar heute noch die Beraterverträge zwischen ENEBA bzw. KWD und IKW. Das heißt: Jährlich werden insgesamt 660.000 DM bzw. ca. 335.000 Euro Beratungshonorar an die IKW bezahlt.
    Gleichzeitig wurde in der Presse am 5.11.2003 mitgeteilt, dass die Abfallgebühren der KWD steigen müssen, angeblich, weil nicht genug Geld für die anstehende Sanierung der Deponie zur Verfügung steht.

    Durch geeignete Klagen und Anträge auf Einsichtnahme nach dem Umweltinformationsgesetz werden wir den Landkreis zwingen darzulegen, weshalb die Deponie bereits heute verfüllt sind, ob tatsächlich entsprechend der Genehmigungsbescheide nur Abfall abgelagert wurde oder aber wesentlich größere Mengen abgelagert wurden. Dieser Verdacht ergibt sich aus dem Umstand, dass lediglich knapp 3 Mio. DM Umsatz mit der Ablagerung von Hausmüll im Jahr 2001 gemacht wurde, während ein wesentlich größerer Anteil mit der Deponierung von Reststoffen erzielt wurde, nämlich insgesamt ca. 35 Mio. DM. Ist der Verdacht zutreffend, dass in den 90er Jahren bis zu 60 % des sächsischen Gewerbemülls auf diese beiden Deponien verfüllt wurden?

    Gab es hierfür ausreichende Genehmigungen? Und wenn ja, warum wurden sie erteilt, obwohl die deponierte Abfallmenge weit über den Abfallanfall im LK Delitzsch hinausging?

    Wenn weiterhin aufgrund der genannten Beratungsverträge Honorare gezahlt werden, entstehen den Kreiswerken Delitzsch bzw. der ENEBA weiterer Schaden, der letztendlich von den Gebührenzahlern zu tragen ist. Wenn dies so sein sollte und ferner diese Tatbestände den Rechtsaufsichtbehörden bekannt sind oder bekannt sein müßten aufgrund der ihnen vorliegenden Unterlagen, so stellt sich die Frage nicht nur nach einem Dienstvergehen, sondern nach einer aktiven strafrechtlichen Beteiligung in Form einer Begünstigung einer Untreuehandlung zum Nachteil der Kreiswerke Delitzsch, der ENEBA und damit insgesamt zum Nachteil der Gesamtheit der Gebührenzahler. Die Frage möglicher Dienstvergehen bzw. Straftaten durch Unterlassen wird geprüft.

  16. Schlußbemerkung
  17. Es läßt sich unschwer erkennen, dass eine Vielzahl von hohen Funktionsträgern gerade aus der Politik in Sachsen involviert sind, nicht nur, aber vor allem aus der derzeit regierenden CDU.

    Es steht zu hoffen, dass aufgrund der bisher öffentlich bekannt gewordenen Sachverhalte eine vollständige Untersuchung der Vorfälle, insbesondere eine vollständige Durchleuchtung der Unternehmen KWD, ENEBA sowie deren Tochtergesellschaften in Delitzsch erfolgen wird.

    Der heutige Aktenvermerk (Überarbeitungstand 18.11.2003) ist Grundlage für eine Strafanzeige gegen Herrn Michael Czupalla, Herrn Rainer Fuchs wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue.

Lothar Hermes
Rechtsanwalt

Dresden, den 18.11.2003