Erkenntnisse eines Überfliegers

Was uns Drohnenaufnahmen über den Zustand des Delitzscher "Biomassekraftwerkes" verraten

Bildergalerie Alle Bildrechte beim Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land e.V.

Wir konnten kaum fassen, was da unsere Drohne am Sonntag, den 03. April 2016 für Bilder mit nach unten brachte.

Es ist abscheulich und erschreckend zugleich mit welcher Kaltblütigkeit die bisherigen Betreiber (und damit meinen wir auch den jetzigen Heinz Lucas) und die Genehmigungs- und Überwachungsbehörden des Landratsamtes Nordsachsen gegen jegliche Auflagen, Vorschriften und Genehmigungen verstießen und noch immer verstoßen. Die Gesundheit der Bevölkerung und der Schutz der Umwelt spielt hierbei offenbar überhaupt keine Rolle. Klar zu sehen ist, dass unter dem derzeit agierenden Betreiber erneut Rostschlacken und Filterstäube illegal in die Landschaft verkippt werden. Klar am Schornsteinkopf zu erkennen: Die Rauchgasreinigung funktionierte über längere Zeiträume nicht. Wir atmeten diesen ungefilterten Dreck ein. Unsere Gärten und Felder wurden je nach Windrichtung mit hohen Mengen Schadstoffen belastet. 107.000 Kubikmeter Abgase entläßt diese Anlage laut Genehmigung pro Stunde in die Umwelt! Die politisch Verantwortlichen und die Behördenvertreter gingen allem Anschein nach vor dem Betreiberinteresse, welches nur aus Geldscheffeln ohne Rücksicht auf Verluste bestand, in die Knie. Bei einer härteren, aber rechtskonformen Gangart gegen den Betreiber würde dieser Insolvenz anmelden und der Landkreis bliebe auf den Kosten für die Entsorgung der 40.000 bis 65.000 Tonnen Verbrennungsrückstände sitzen, so das Credo. Na toll! Wenn die Sauerei also groß genug ist, kann so weitergemacht werden, wie bisher. Das ist eine eigenartige, aber dem Zeitgeist entsprechende Logik. Das Ganze funktioniert allerdings nur, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen.

Nun ist der Supergau eingetreten: Der Betreiber Lucas meldete trotz seines sichtlich auf Maximalprofit getrimmten Delitzscher "Biomassekraftwerkes", welches nur noch ein ausgeschlachtetes Wrack mit exorbitant hohen Mengen an Altlasten darstellt, im Juli 2016 Insolvenz an.

Das Umweltamt Nordsachsens bemühte sich bis zum heutigen Tage nicht, selbst Beprobungen der illegal abgelagerten Haufwerke in Auftrag zu geben. Man will sich scheinbar nicht die Hände schmutzig machen.
Die im Frühjahr 2016 vom Betreiber beauftragte Beprobung erscheint wenig hilfreich den Gefährdungsstatus der illegal abgelagerten Verbrennungsrückstände zu ermitteln. Für uns steht allem Anschein nach auch eine Art von Befangenheit der an der Beprobung/Analyse des Materials beteiligten Akteure im Raum, die eine neutrale Bewertung wohl unter keinen Umständen zuläßt. Die so "erzeugten" Analyseergebnisse wurden nun seitens des Landratsamtes, (insbesondere durch den Vizelandrat Ulrich Fiedler) dazu benutzt, um im Umweltausschuss des Kreistages und gegenüber dem Delitzscher Stadtrat die Erkenntnis zu verbreiten, dass "bei Beprobungen keine erhöhten Grenzwerte erreicht worden seien und nun ein geordneter Abtransport durch den Betreiber erfolgen könnte".
Lt. der vorgenannten Beprobung entspäche die nach dem hier durchgeführten Absiebungsprozedere entstandene Feinfraktion (0-5 mm) und mittlere Fraktion (6-60 mm) der Deponieklasse DK I. Die Grobfraktion (größer als 60 mm) wäre gar der Deponieklasse DK 0 zuzuordnen. Eine Beprobung nach den Vorgaben der Deponieverordnung erscheint uns absurd, schließlich handelt es sich bei dem Ablagerungsstandort nicht um eine Deponie, sondern um städtisches Industrie- und Gewerbegebiet. Denn bei der Betrachtung ist unerheblich, ob im späteren Verlauf die Abfälle auf eine Deponie verbracht werden, sondern es ist nur von Belang, wo im konkreten Fall die in Rede stehenden Verbrennungsrückstände zur Zeit liegen. Deshalb wären richtigerweise das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) in Verbindung mit der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) als zulässige Mittel heranzuziehen.
Mit Verweis auf die auch der Staatsanwaltschaft vorliegenden Anlagen 4 und 6 unserer Strafanzeige vom 18.01.2016 muss stark angezweifelt werden, ob die durchgeführte Beprobung - angefangen von Probenahme, dem hier angewandten Analyseverfahren bis hin zur Auswertung - den Kriterien der Wahrheit und Klarheit standhalten dürften. Um die Zusammensetzung der Verbrennungsrückstände zu ermitteln, bedarf es hingegen folgender Vorgehensweise:

  1. In der BBodSchV werden die Verfahren und Methoden zur Schadstoffermittlung vorgegeben. Der rechtsverbindliche Anhang 1 der BBodSchV muß zwingend angewendet werden.
  2. Neben der Herstellung von Eluaten mit Wasser gemäß DIN 38414 ist die Extraktion mittels Königswasser (konzentrierte Salpetersäure + konzentrierte Salzsäure) gemäß DIN ISO 11466 bei der Ermittlung der Gesamtbelastung mit Schwermetallen sehr hilfreich. Die vollständige Extraktion von Cd und Pb ist auf diese Weise erst möglich.
  3. Zur Ermittlung der Feststoffbeschaffenheit im Zusammenhang mit Kontaminationen in mg/kg TS gibt es ebenfalls Normen im Rahmen des Anhang 1 der BBodSchV (gravimetrisches Verfahren nach DIN ISO 11465).
  4. Anders als hier angewendet, können als instrumentelle Analyseverfahren zur Ermittlung der Schwermetallkonzentrationen sehr gut die ICP-AES (induktiv gekoppelte Plasma-Atom-Emissionsspektroskopie) nach DIN EN ISO 11885, die ICP-MS (induktiv gekoppelte Plasma-Massenspektroskopie) nach EN ISO 17294 sowie die AAS verwendet werden.
  5. Die Probenahmen müssen nach DIN 4021 und DIN ISO 10381 bzw. LAGA PN 98 erfolgen, wobei repräsentative Teile der entnommenen Proben als Rückstellproben aufbewahrt werden müssen.

Deshalb ist die Vorgehensweise des zuständigen Landratsamtes Nordsachsen, die Beprobung in dieser für dieses Amt heiklen Situation immer noch in den Händen des sichtlich unzuverlässigen Betreibers, Herrn Heinz Lucas, zu belassen, völlig unakzeptabel. Bemerkenswert ist auch, dass ein sächsischer Umweltminister den Landtagsabgeordneten einzig nur alte, durch Eluatanalysen im Jahre 2015 gewonnene Beprobungsergebnisse als Erkenntnisquelle im Rahmen einer Antwort auf eine Kleine Anfrage servierte. Dies stellt unserer Meinung nach eine hochbedenkliche Umgangsweise der Überwachungsgremien gegenüber der Abfallwirtschaft dar.

Fortsetzung folgt.