Leserbrief / Meine Meinung

zum LVZ Artikel:
"Biokraftwerk Delitzsch / Anlage nimmt Probebetrieb auf" am 16./17. August 2003
und des Artikels
"Erstes Delitzscher Biokraftwerk am Netz" in der LVZ-Kreiszeitung am 18.08.2003 veröffentlicht

Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die am 06.November 2002 erteilte Genehmigung zur Errichtung und den Betrieb des sogenannten "Biomassekraftwerkes" in der ehemaligen Zuckerfabrik nur als Eintrittskarte für den nun vorliegenden Erweiterungsantrag für die Verbrennung von hochgiftigen Althölzern, tierischem Gewebe und Ausscheidungen dienen sollte. Nun stellt sich die Frage, ob die durch das Landratsamt Delitzsch erteilte Genehmigung auf Grundlage einer nachvollziehbaren und gesetzeskonformen Prüfung der Antragsunterlagen erteilt wurde?

Die Genehmigung zur Erweiterung der Anlage ist zwingend erforderlich, da die jetzige Genehmigung nur die Verbrennung von A1 und A2 – Hölzern (gering- und unbelastete Althölzer) zuläßt. Diese Genehmigung war wiederum wichtig und elegant ohne Bevölkerungsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung arangiert, um in der ehemaligen Zuckerfabrik überhaupt eine Altholzverbrennung installieren zu können. Doch A1 und A2 – Hölzer sind auf dem europäischen Markt kaum noch erhältlich. Dies dürfte bereits bei Antragstellung das Landratsamt und Gerhard van Meegen gewußt haben. Der Letztere stützt sich nun bei der Beantragung der Erweiterung auf die erteilte erste Genehmigung.

Die Stadträte werden in der am 21. August stattfindenden außerplanmäßigen Stadtratssitzung über eine Veränderungssperre des Bebauungsplans Nr. 13 "Gewerbestandort Fabrikstraße 2" (also ehem. Zuckerfabrikgelände) beschließen. Herr Bieniek und die Stadträte beabsichtigen damit, die Erweiterung dieser Anlage auf die vorher genannten Schadstoffklassen, zu unterbinden. Ob und wie lange dies damit gelingt, bleibt abzuwarten.
Schließlich versuchte man mit der am 24. Oktober 2002 stattgefundenen Stadtratssitzung und dem darin gefaßten "Beschluß über den Abschluß eines städtebaulichen Vertrages zur Vorbereitung und Durchführung der geordneten städtebaulichen Beplanung für die Flächen des ehemaligen Betriebsgeländes der Zuckerfabrik Delitzsch in der Fabrikstraße 2" einer anstehenden Genehmigung Einhalt zu gebieten.
Trotzdem erteilte am 06.November 2002, also 2 Wochen später, das Landratsamt unerwartet eilig die Genehmigung zum Bau und Betrieb dieser Anlage.

Die nach der Erweiterung der Anlage beabsichtigte Verbrennung von hochgiftigen Bahnschwellen und tierischem Gewebe und Ausscheidungen und die damit verbundenen Emissionen und Immissionen werden sich erwartungsgemäß nicht gerade wie Balsam auf Mensch und Natur legen. Die Grenzwerte der hier greifenden Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TaSi) waren beispielsweise bei Stickstoffdioxid im Südraum von Delitzsch ohne diese nun genehmigte Anlage bereits leicht überschritten. Ist der Delitzscher Bürger vielleicht belastbarer als es das Gesetz vorsieht?

Bleibt abzuwarten, ob der Landratsamtsamts-Chef oder das Regierungspräsidium doch noch am Tage der ersten "Entzündung" des Feuers die Notbremse mittels einer einstweiligen Verfügung ziehen oder ob die Entzündung zur lebensbedrohenden Vereiterung in den Amtsstuben führen wird.

Denn eine Klage der Gegnerschaft dieser Anlage ist angebracht und dürfte von Erfolg gekrönt sein. Leider hat das Landratsamt als Genehmigungsbehörde und das Regierungspräsidium Leipzig noch nicht einmal Negativbescheide auf die Widerspruchsschreiben einiger Bürger, die Anfang April 2003 eingereicht wurden, ausgestellt. Gezwungenermaßen müssen die Bescheide negativ ausfallen, da eine mögliche Duldung des Betriebes der Anlage auch nicht gesetzeskonform wäre.

Die fast schon gebetsmühlenhafte Wiederholung der Aussage, dass die Altholzverbrennung zur Senkung des CO2-Ausstoßes in der Welt beitragen würde, geschieht von allen Antragstellern und Betreibern solcher Anlagen. Auch die Technischen Werke haben von der CO2-Gutschrift, die es merkwürdiger Weise auch für die Verbrennung von hochgiftigen Althölzern gibt, gehört und wollen nun auch an der Rettung der Welt durch die Verringerung der klimarelevanten Treibhausgase teilnehmen. Wie es aussieht, ist der absurde Handel mit diesen CO2-Gutschriften in Deutschland sogar salonfähig geworden und gut in Gang gekommen (siehe hierzu den Artikel über die legalen Geschäftspraktiken des Partnerunternehmens der Technischen Werke, dem EON-Konzern / Erneuerbare Energien - dem Fachmagazien für erneuerbare Energien):

  • Altholz-Kraftwerke: Rückschläge und neue Chancen
  • Eon: Fünf Altholz-Kraftwerke vorgesehen
  • Mit der Aussage der Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes durch Verbrennung dieser "biogenen Brennstoffe" wird diesen Firmen die Legitimation zum Abkassieren der Einspeisevergütung für die Erzeugung von Elektroenergie nach Erneuerbaren Energien Gesetz verschafft. Die Bürger als Zwangskunden der Stromkonzerne zahlen für diese Art der Biomasseverstromung immer die Zeche.

    Die Technischen Werke beantragten und bauen ebenfalls eine solche "Müllverbrennungsanlage" in Delitzsch-Südwest, allerdings von Anbeginn der Beantragung gleich mit für hochkontaminierte Althölzer. Diese haben somit gleich die "Katze aus dem Sack" gelassen, wie es ihr Aufsichtsratsvorsitzender der OBM Heinz Bieniek sagen würde. Eine Betriebsgenehmigung für diese Anlage gibt es zwar noch nicht, aber man baut optimistisch und auf die mögliche Erteilung einer solchen Genehmigung durch das Regierungspräsidium Leipzig hoffend, weiter. Es wird also derzeit auf Grundlage der ausgesprochenen 1.Teilgenehmigung gebaut, obwohl diese "unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis zur Entscheidung über die Genehmigung des Betriebes des Biomassekraftwerkes" (Quelle: Bescheid des RP Leipzig vom 28.02.2003) erging. Vielleicht wirkt hierbei die letzte Wahlkampfparole des Herrn Czupalla, "Weil man sich kennt", tiefgreifend in das Genehmigungsprozedere ein und man kann somit auf das Zustandekommen der Betriebsgenehmigung hoffen.




    Übrigens: Mit so wenig Sachverstand sollte man die Finger aus dem "Mülliardengeschäft" nehmen, bevor man sie sich verbrennt.

    Im o.g. Artikel heißt es: "in der ersten Phase bis zu 7,5 Megawattstunden Strom erzeugt" und "dann will die BKW bis zu 14,5 Megawattstunden erzeugen".

    Dazu meine Bemerkungen als Elektronikingenieur a.D. und Landwirt: Strom ist eine elektrische Kenngröße, die den Transport elektrischer Ladungen in einer bevorzugten Richtung beschreibt. Der Stromfluß ist somit der stattfindende Ausgleich zwischen Elektronenüberschuß und Elektronenmangel. Hierfür ist die physikalische Maßeinheit das Ampere und nicht die Megawattstunde, wie dargestellt.
    Außerdem ist die "Megawattstunde" die Maßeinheit der geleisteten elektrischen Wirkarbeit - also in diesem Zusammenhang vollkommener physikalischer Unsinn.

    Um einen Ausweg aus dem in der Zeitung zu Papier gebrachten Unfug zu finden, gebe ich den Tip, dass man in diesem Fall die Maßeinheit der elektrischen Wirkleistung, das "Megawatt" bemühen sollte. Aber derartige Ungereimtheiten kann die LVZ unmöglich selbst zustande gebracht haben.

    Es scheint, als würde ich Wortglauberei betreiben wollen. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass die im Rahmen der Baubeantragung für die Anlage durch den Antragsteller an die Behörde eingereichten Unterlagen mit solchen Bagatellen und natürlich mit sehr viel relevanteren Un- und Halbwahrheiten bespickt, wie ein Igel mit Stacheln, sind. Die Frage ist nur, ob dies das Landratsamt als Genehmigungsbehörde und im späteren Verlauf auch das Regierungspräsidium Leipzig nicht merken wollte oder durch laienhafte Sachkenntnis der Bearbeiter nicht merken konnte?

    Ich sehe durch derart deletantisch beantragte und genehmigte Verbrennungsanlagen mein Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit bzw. Gesundheit, mein Recht auf die Unverletzbarkeit bzw. die Nichteinschränkung des Eigentums und mein Recht auf eine gesunde, lebenswerte Umwelt und Natur gemäß Artikel 2.II des Grundgesetzes verletzt.

    Dietmar Mieth, 19.08.2003




    Links:

  • Biomassekraftwerk Zuckerfabrik
  • Biomassekraftwerk der Technischen Werke